Ga offline met de app Player FM !
DIE BERLINER MAUER – Checkpoint Charlie
Manage episode 433946564 series 2822647
Unmittelbar nach dem Mauerbau im August 1961 errichteten die Westalliierten in der Friedrichstraße eine Grenzübergangsstelle. Der Checkpoint Charlie sollte fast drei Jahrzehnte lang den Ostteil Berlins mit dem Westen verbinden und den Transfer der Alliierten ermöglichen. Bereits im Oktober 1961 standen sich am Checkpoint Charlie US-amerikanische und sowjetische Kampfpanzer gegenüber. Nie war die globale Systemkonfrontation anschaulicher als in jenen Tagen der Panzerkonfrontation. Der Checkpoint Charlie war über Nacht zu einer globalen Ikone des Kalten Kriegs geworden. Von Thomas Grasberger (BR 2023)
Credits
Autor: Thomas Grasberger
Regie: Rainer Schaller
Es sprachen: Christian Jungwirth, Verena Fiebiger, Peter Weiß
Technik: Ruth-Maria Ostermann
Redaktion: Matthias Eggert
Im Interview: Hanno Hochmuth
Anmerkung der Redaktion:
Bis heute gibt es keine exakte Zahl der Todesopfer an der innerdeutschen Grenze bzw. der Berliner Mauer. Nähere Informationen und Angaben zu den Zahlen erhalten Sie HIER.
Ein besonderer Linktipp der Redaktion:
Deutschlandfunk Kultur: Die Geschichte geht weiter - Victor Klemperers Tagebücher 1918 - 1959
Victor Klemperer hat in seinen Tagebüchern die großen Umbrüche notiert – von der Weimarer Republik über die Nazi-Zeit bis zum ersten Jahrzehnt der DDR. Host und Historikerin Leonie Schöler nimmt uns in diesem Podcast mit in die Welt eines deutschen Zeitzeugen. ZUM PODCAST
Linktipps:
ARD: Mauerbau – Konfrontation am Checkpoint Charlie 1961
Zahlreiche historische Clips zeigen die angespannte Situation an der innerdeutschen Grenzen rund um den Checkpoint Charlie.
JETZT ANSEHEN
ZDF (2011): „Checkpoint Charlie: Ich zog die Linie“
Hagen Koch, damals beim Stasi-Wachregiment Feliks Dzierzynski, über seine Inspektion des Grenzverlaufs im Vorfeld des Berliner Mauerbaus. JETZT ANSEHEN
Und hier noch ein paar besondere Tipps für Geschichts-Interessierte:
Im Podcast „TATORT GESCHICHTE“ sprechen die Historiker Niklas Fischer und Hannes Liebrandt über bekannte und weniger bekannte Verbrechen aus der Geschichte. True Crime – und was hat das eigentlich mit uns heute zu tun?
DAS KALENDERBLATT erzählt geschichtliche Anekdoten zum Tagesdatum - skurril, anrührend, witzig und oft überraschend.
Und noch viel mehr Geschichtsthemen, aber auch Features zu anderen Wissensbereichen wie Literatur und Musik, Philosophie, Ethik, Religionen, Psychologie, Wirtschaft, Gesellschaft, Forschung, Natur und Umwelt gibt es bei RADIOWISSEN.
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
Alles Geschichte finden Sie auch in der ARD Audiothek:
ARD Audiothek | Alles Geschichte
JETZT ENTDECKEN
Timecodes (TC) zu dieser Folge:
TC 00:15 – Intro
TC 04:18 – Ein Nadelöhr im Kalten Krieg
TC 05:32 – Die Panzerkonfrontation
TC 10:15 - Grenzgänger
TC 12:51 – Schauplatz der Angst, Flucht & Tod
TC 15:44 – Zwischen Kommerz und Gedenken
TC 22:07 – Outro
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
TC 00:15 – Intro
MUSIK
Erzähler:
Am 13. August 1961, nachts gegen ein Uhr, beginnen die Soldaten, Volkspolizisten und Betriebskampfgruppen der DDR ihr Werk. Die gesamte Grenze zwischen Ost- und West-Berlin wird praktisch lückenlos abgeriegelt. Ebenso die zwischen West-Berlin und der DDR.
ZSP: Walter Ulbricht
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!
Erzählerin:
Allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz hat der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht schon seit längerem die Absicht, eine Mauer zu bauen. Denn seinem sozialistischen Staat laufen scharenweise die Leute davon, nicht zuletzt Fachkräfte und Eliten. Eine bedrohliche Situation für die junge DDR. Ulbricht bedrängt daher den sowjetischen Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow. Der hat sich den Mauerplänen bislang widersetzt. Aber nach harten Verhandlungen in Moskau gibt Chruschtschow schließlich nach.
Erzähler:
Kein Wunder, allein im Juli 1961 sind mehr als 30.000 Menschen in den Westen geflohen. Die meisten über Berlin, weil die innerdeutsche Grenze ja seit 1952 fast hermetisch geschlossen ist. In Berlin aber gilt der Vier-Mächte-Status, die Grenze ist im Prinzip noch durchlässig. Dieses letzte Schlupfloch will Ulbricht jetzt stopfen.
Erzählerin:
Quer durch die Stadt werden Sperranlagen errichtet – zunächst mit Stacheldraht, später mit Zement. Die Mauer wächst rasch heran, und bewaffnete Volkspolizisten verhindern Grenzüberschreitungen in beide Richtungen. Die waren bis dahin ganz normal, sagt Hanno Hochmuth, Historiker am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam. Berlin war zwar seit 1948 politisch geteilt, aber nicht im Alltag.
ZSP 1 Hochmuth verflochten 0,35
Es gab viele Ostberliner, die im Westen arbeiteten oder auch zur Schule gingen oder dort studierten. Es gab aber auch viele Westberliner, die in den Osten fuhren, um dort zum Beispiel sehr, sehr günstig Lebensmittel einzukaufen, was in Westberlin übrigens verpönt gewesen ist. Aber dieses Berlin war tatsächlich bis zum 13. August 1961 noch eine sehr stark verflochtene Gesellschaft, und das war mit einem Mal dann vorbei. Und viele Westberliner reagierten entsetzt und empört und erwarteten eigentlich eine unmittelbare Reaktion der Westalliierten, dass sie sich das nicht gefallen lassen und waren enttäuscht.
MUSIK
Erzählerin:
Denn die erhoffte Machtdemonstration des Westens bleibt aus. US-Präsident John F. Kennedy – 44 Jahre alt und gerade erst frisch ins Amt gewählt – klingt am 13. August 1961 richtiggehend erleichtert:
Zitator:
„Es ist keine besonders angenehme Lösung, aber eine Mauer ist verdammt viel besser als ein Krieg.“
Erzähler:
Die USA, formuliert Hanno Hochmuth etwas zugespitzt, waren froh über den Mauerbau. Denn er nahm Druck aus der angespannten politischen Lage zwischen den Supermächten.
ZSP 2 Hochmuth befriedet 0,27
Dass jetzt die Sowjets zuließen, dass die DDR den sowjetischen Sektor von Berlin, Ostberlin abriegelt, war im Prinzip ein Zugeständnis von Chruschtschow in den Augen der Amerikaner, dass die Sowjets nicht mehr ganz Berlin für sich beanspruchen. Und insofern waren sie eigentlich froh, dass diese dramatische Eskalation, die es eigentlich vorher gegeben hat, durch den Mauerbau ein Stück weit befriedet wurde.
Erzähler:
Im nun geteilten Berlin gilt weiterhin der Vier-Mächte-Status. Das bedeutet, alle vier Besatzungsmächte haben freien Zugang zu allen vier Sektoren der Stadt. Sowjetische Militärs unternehmen „Missionsfahrten“ in die drei Westsektoren. Und amerikanische Offiziere steuern ihre Militärjeeps durch den sowjetischen Sektor. Ein reger Austausch also, trotz Mauer. Aber ...
ZSP 3 Hochmuth Def 0,13
Dafür musste auch eine ganz besondere Grenzübergangsstelle eingerichtet werden, die nur für diesen alliierten Transfer praktisch von einem Teil Berlins in den anderen Teil eingerichtet wurde. Und das war der Checkpoint Charlie.
TC 04:18 – Ein Nadelöhr im Kalten Krieg
Erzählerin:
Ein Nadelöhr im Kalten Krieg. Eines von mehreren, benannt nach den Buchstaben im NATO-Alphabet. Der Grenz-Kontrollpunkt C war der Checkpoint Charlie. Den musste passieren, wer innerhalb Berlins zwischen dem amerikanischen und dem sowjetischen Sektor hin- und herfahren wollte.
Erzähler:
Eingerichtet hatten ihn die Westalliierten unmittelbar nach dem Mauerbau. Und zwar mitten in der Friedrichstraße, zwischen Zimmer- und Kochstraße. Fast drei Jahrzehnte lang sollte der Checkpoint Charlie als ein Symbol des Kalten Kriegs existieren.
Erzählerin:
Dass Amerikaner, Franzosen und Briten stets nur vom Checkpoint, vom Kontrollpunkt sprachen, hatte mit dem Vier-Mächte-Status zu tun. Für die Westalliierten war Berlin eine gemeinsam verwaltete Stadt, in der es keine Grenze und somit auch keine echten Grenzkontrollen geben konnte.
Erzähler:
Die DDR sah das anders. Für sie verlief mitten durch Berlin tatsächlich eine Staatsgrenze. Deshalb nannte sie das nördliche Gegenstück zum Checkpoint Charlie auch „Grenzübergangsstelle“, kurz „GÜST Friedrichstraße“.
Erzählerin:
Dass hinter solchen Namens-Fragen massive politische Interessen standen, wurde schon wenige Wochen nach dem Mauerbau deutlich.
TC 05:32 – Die Panzerkonfrontation
MUSIK
Erzähler:
Sonntag, 22. Oktober 1961. Edwin Allan Lightner, der stellvertretende Chef der US-amerikanischen Militärmission in Berlin, fährt mit seiner Frau in den Ostteil Berlins. Die beiden wollen ins Theater, in den Friedrichstadtpalast. Schon vor dem Mauerbau haben sie dort oft Kulturveranstaltungen besucht. Diesmal aber erlebt Lightner eine Überraschung.
ZSP 4 Hochmuth Theater 0,20
Als der rüberfahren möchte, wird er angehalten, und zwar nicht von sowjetischen Militärs. Das wäre ja vielleicht noch okay gewesen, sondern von DDR-Grenzsoldaten. Das war für ihn eine ganz klare Verletzung des Vier-Mächte-Status seiner Rechte als amerikanischer Top Diplomat und Top Militär.
Erzähler:
Die DDR-Grenzsoldaten sind angewiesen, amerikanische Militär-Angehörige in Zivil nach ihren Ausweisen zu fragen. Edwin Lightner ist wütend, der amerikanische Militär protestiert gegen die Passkontrolle. Vergeblich. Das Ehepaar muss umkehren.
Erzählerin:
Lightner wendet sich umgehend an Lucius D. Clay, den amerikanischen Stadtkommandanten. Als Vater der Berliner Luftbrücke von 1948 ist Clay ein berühmter Mann. Präsident Kennedy hat ihn 1961 erneut nach Berlin geschickt, quasi als seinen persönlichen Vertreter in der Stadt. Clay hört sich Lightners Geschichte an und reagiert rasch.
ZSP 5 Hochmuth Panzer 0,18
Indem er amerikanische Panzer auffahren ließ am Checkpoint Charlie. Und die Sowjets ihrerseits reagierten damit, dass sie sowjetische Panzer von Norden her auf den Checkpoint Charlie zurollen ließen, und diese standen sich dann dort mehrere Stunden gefechtbereit gegenüber.
MUSIK
Erzähler:
Am 27. Oktober 1961, gegen 17 Uhr, beginnen die Panzer zu rollen. Die Konfrontation am Checkpoint Charlie dauert 16 Stunden. Stunden, in denen der heiße Draht zwischen Moskau und Washington glüht. Am Ende geht alles glimpflich aus, aber die Lage war keineswegs ungefährlich, meint der Historiker Hanno Hochmuth.
ZSP 6 Hochmuth Glaubwürdigkeit 0,36
Denn es standen sich in der Tat zum Ersten Mal direkt Panzer von den beiden Supermächten gegenüber. Die hatten auch geladene Kanonenrohre. Es war militärisch klar, dass die paar amerikanischen Panzer Westberlin nicht hätten verteidigen können. Aber es ging im Kalten Krieg immer nicht nur um Truppenstärke, sondern auch um Glaubwürdigkeit, dass man dem, was man sagt und was man behauptet, auch etwas folgen lässt. Und für die Amerikaner war es immer ganz wichtig, wenn Kennedy schon sagt, dieses Westberlin muss Bestand haben, dann muss man im Zweifelsfalle auch dafür einstehen.
MUSIK
Erzählerin:
Was aber bedeutet das in Zeiten des Kalten Kriegs? Nur drei Tage nach der Berliner Panzerkonfrontation führt die Sowjetunion im Nordpolarmeer den größten Atomtest aller Zeiten durch. Und auf amerikanischer Seite ist man nicht minder stark gerüstet. Das Vernichtungspotenzial auf beiden Seiten ist enorm. Ein Jahr später, in der Kubakrise, wird die Welt am Rand des atomaren Abgrunds stehen.
Erzähler:
Das erste Kräftemessen am Checkpoint Charlie wirkt medial noch lange nach. Beängstigend spektakulär waren die Fotos, die damals um die Welt gingen: auf der einen Seite die US-amerikanischen M48- Kampfpanzer, auf der anderen sowjetische T54. Nie war die globale Systemkonfrontation anschaulicher als in jenen Oktobertagen 1961. Der Checkpoint Charlie war über Nacht zu einer globalen Ikone des Kalten Kriegs geworden.
Erzählerin:
Die Berlin-Krise endet 1961 mit einem Kompromiss: Amerikanische Militärs, die künftig nach Ostberlin fahren, müssen nun ihre Militärausweise in die Windschutzscheibe legen. Und die DDR-Grenzsoldaten dürfen sie fortan nicht mehr kontrollieren.
Erzähler:
Dramatischer sind die Veränderungen im Alltag der Bürger. Mehr als eine Million Ostberliner waren von den 2,2 Millionen Westberlinern vollständig getrennt. Persönliche Kontakte gab es zunächst keine mehr, sagt Hanno Hochmuth. Es sollte mehr als zwei Jahre dauern, bis die ersten Westberliner an Weihnachten 1963 wieder nach Ostberlin reisen durften.
ZSP 7 Hochmuth getrennter Alltag 0,19
Für Ostberliner ist es noch eine viel längere Wartezeit. Da wird das Ganze ja erst in den 70er Jahren so geregelt, dass zumindest ältere Leute und privilegierte Leute in den Westen reisen können. Das heißt, diese sehr, sehr stark verflochtene Gesellschaft, die reißt vollkommen entzwei.
TC 10:15 - Grenzgänger
MUSIK
Erzähler:
Im Alltag ganz normaler Ostberliner spielte der Checkpoint Charlie keine Rolle. Sofern sie überhaupt reisen durften, fuhren sie über die ein Kilometer weiter nördlich gelegene „GÜST Bahnhof Friedrichstraße“ in den Westteil der Stadt.
Erzählerin:
Der Checkpoint Charlie hingegen war jenen vorbehalten, die innerhalb Berlins Freizügigkeit genossen: Mitglieder der Alliierten Streitkräfte, Angehörige des Militärpersonals, Diplomatinnen und Diplomaten oder ausländische Touristen. Und auch DDR-Funktionäre durften hier passieren.
Erzähler:
Eine schillernde Schar von Grenzgängern also, die die Fantasie von Schriftstellern und Drehbuchautoren anregte. Zumindest wenn sie sich mit Agentengeschichten befassten. „Der Spion, der aus der Kälte kam“ heißt ein berühmter Spionageroman des britischen Autors John le Carré aus dem Jahr 1963. Als das Buch zwei Jahre später verfilmt wird, ist in der Eingangsszene natürlich die Ikone des Kalten Kriegs zu sehen – der Checkpoint Charlie.
Erzählerin:
Solch mythische Überhöhungen hatten mit dem schnöden Grenzer-Alltag in der Regel wenig zu tun. Viel Zettelkram und Bürokratie herrschte am Kontrollpunkt, bzw. an der GÜST. Wo anfangs nur ein kleines Grenzkontrollhäuschen stand, kam bald ein zweites hinzu, und später eine große Baracke. In den 1970er und 80er Jahren wurde der Checkpoint Charlie dann immer weiter ausgebaut, zu einem wahren Grenz-Bollwerk aus Beton.
Erzähler:
Auf westlicher Seite standen die alliierten Kontrolleinheiten in einer Baracke, die einen langen Gang und eine Glasfront beherbergte. Alle westlichen Besucher mussten sich am Schalter ihrer jeweiligen Besatzungsmacht ausweisen und wurden mit Instruktionen versehen, bevor sie nach Ostberlin reisen durften. Den Amerikanern, Briten und Franzosen war es wichtig, dass sich ihre Landsleute im Osten korrekt verhalten, ganz im Sinne des Vier-Mächte-Status.
Erzählerin:
Auf DDR-Seite standen sogenannte Passkontrolleinheiten, kurz PKE. Die sahen aus wie reguläre Grenzsicherungseinheiten, unterstanden in Wahrheit aber dem Ministerium für Staatssicherheit.
Erzähler:
Die DDR-Grenzsoldaten kontrollierten genau, welche Ausländer nach Ostberlin einreisten. Und vor allem achteten sie darauf, dass niemand in den Westen floh. Solche Versuche gab es immer wieder, sagt Hanno Hochmuth, obwohl man nur ganz langsam und in Schlangenlinien durch die gesicherte Grenzanlage fahren konnte. Selbst mit einem LKW war sie kaum zu durchbrechen.
TC 12:51 – Schauplatz der Angst, Flucht & Tod
MUSIK
Erzähler:
Der Checkpoint Charlie war immer wieder Schauplatz spektakulärer Fluchtversuche aus dem damaligen Ost-Berlin. Und früh schon kam es zu tödlichen Zwischenfällen. Am 17. August 1962, fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Mauerbau, wird in der Nähe vom Checkpoint ein junger Mann angeschossen, der zusammen mit einem Kollegen in den Westen fliehen will. Der 18-jährige Peter Fechter verblutet unmittelbar an der Grenzmauer in der Zimmerstraße, vor den Augen zahlreicher West-Berliner. Niemand traut sich ihm zu helfen – aus Angst vor den bewaffneten DDR-Grenzern.
Erzählerin:
Insgesamt – schätzen Historiker – gab es zwischen 1961 und 1989 etwa 5500 gelungene Fluchten vom Osten in den Westen der Stadt. Einige auch am Checkpoint Charlie, weil amerikanische Militärs dort von Ost-Grenzern nicht mehr kontrolliert werden durften. So kam es immer wieder vor, dass GI´s im Osten der Stadt DDR-Bürger einsammelten, um sie dann im Kofferraum ihrer Fahrzeuge zu verstecken und in den Westen zu schmuggeln.
Erzähler:
Aber die US-amerikanischen Befehlshaber sahen solche Aktionen nicht gern. Und auch vom Westberliner Senat wurden die zahlreichen West-Berliner Fluchthelfer bald mit Argwohn betrachtet. Denn erstens war Fluchthilfe – egal ob sie aus ideellen oder materiellen Motiven heraus geschah – immer eine lebensgefährliche Sache. Und zweitens, sagt Hanno Hochmuth, wollte man dem Osten keinen Vorwand für weitere Eskalationen liefern. Denn unmittelbar nach dem Mauerbau war es verschiedentlich zu heftigen Konfrontationen zwischen DDR-Grenztruppen und Fluchthelfern gekommen.
ZSP 8 Hochmuth Mauertote 0,42
Dabei sind ja auch mehrere DDR-Grenzsoldaten ums Leben gekommen, die von Fluchthelfern erschossen worden sind. Das ist natürlich dann auf der Ostseite propagandistisch extrem ausgeschlachtet worden, und genau das wollte man jetzt auf der Seite des Senats nun wiederum auch nicht, dass DDR-Grenzsoldaten als Märtyrer verehrt werden und zelebriert werden auf der DDR-Seite.
Erzähler:
Der Checkpoint Charlie war von Anfang an ein Brückenkopf auf dem geschichtspolitischen Schlachtfeld des Kalten Kriegs. Ein knappes Jahr, nachdem der 18-jährige Peter Fechter erschossen worden war, entstand auf Privatinitiative ein sogenanntes Mauermuseum: Das „Museum Haus am Checkpoint Charlie". Sein Gründer Rainer Hildebrandt hatte schon gegen Hitler Widerstand geleistet. Jetzt half er DDR-Bürgern bei der Flucht und prangerte das totalitäre System des Kommunismus mit seinem blutigen Grenzregime und den Mauertoten an.
Erzählerin:
Die Erinnerungsarbeit am Checkpoint setzte also lange vor dem Mauerfall 1989 ein.
TC 15:44 – Zwischen Kommerz und Gedenken
MUSIK
ZSP Archiv Günter Schabowski:
Nach meiner Kenntnis ist das... sofort
Erzähler:
Der Abend des 9. November 1989. Kurz nachdem der SED-Funktionär Günter Schabowski das neue, gelockerte Reisegesetz der DDR verkündet hat, laufen von beiden Seiten der Mauer Menschen auf den Checkpoint Charlie zu: „Lasst uns rein!", rufen die West-Berliner. „Lasst uns raus!", die Ost-Berliner. Und kurz danach ist das Grenzregime Geschichte. Die Schlagbäume sind offen.
Erzählerin:
Nur ein halbes Jahr später, noch vor dem Ende der DDR, wird die Anlage am Checkpoint Charlie abgebaut. Kaum sind am 22. Juni 1990 die letzten Reden gehalten, werden Gurte um das Grenzhäuschen gespannt, ein Kran hebt es in die Luft.
ZSP Schließungsfeier ( W0523261 101) 3,13-3,29
...for lifting. Madames et Messieurs…
Erzähler:
Es ist nicht das Ende vom Mythos Checkpoint Charlie. Auch wenn 1990 erst einmal eine Phase der Geschichtsvergessenheit einsetzt. Denn unmittelbar nach dem Mauerfall denkt kaum jemand daran, hier einen Erinnerungsort zu bewahren, sagt Historiker Hochmuth. Oberstes Ziel war es, die Brachen, die die Mauer geschlagen hatte, schnell zu beseitigen. Die Stadt sollte wieder zusammenwachsen und eine Metropole werden, wie einst in den goldenen 1920er Jahren.
ZSP 9 Hochmuth 1990 0,29
Dazu gehört es, dass man Investoren in die Stadt locken möchte. Dazu gehört der Glaube, dass ganz schnell dort wieder viel gebaut wird, dass große Unternehmen wieder zurückkehren nach Berlin. Und deswegen ist das eine Zeit mit wahnsinnig viel Versprechungen gegenüber Investoren, wo auch das Baurecht sehr leichtfertig vergeben wird. Und das prägt die Stadt bis heute, weil dort viele Fakten geschaffen worden sind, die bis heute Pfadabhängigkeiten für Berlin bedeuten.
Erzähler:
Pfade, die sich als geschichtspolitische Holzwege erweisen. Mit Pleiten, Pech und Pannen. Als 2004 der Mauer-Museumsgründer Rainer Hildebrandt stirbt, beginnt bald eine Phase der Kommerzialisierung der Gedenkstätte. Geschichte als Geschäftsmodell. Die Zeiten sind dafür günstig. Denn Berlin wird damals gerade zum Hotspot im Städtetourismus. Millionen strömen jedes Jahr an die Spree, nicht nur Party-Touristen, sondern auch viele Kunst- und Geschichtsinteressierte. Berlin boomt.
ZSP 10 Hochmuth Witwe 0,23
Und der Checkpoint Charlie gehört dort unmittelbar dazu. Und die Witwe Alexandra Hildebrandt erkennt das auch und verwandelt dieses Mauermuseum und auch das Mauer-Gedenken am Checkpoint Charlie in eine trivialisierte Kost für die Touristen, die dort mächtig abgeschöpft werden durch horrende Eintrittspreise in diesem Museum.
Erzähler:
Das private Mauer-Museum nutzt die Lücke, die durch Versäumnisse des Berliner Senats entstanden ist. Authentisch ist am Checkpoint Charlie bald nichts mehr. Weder das alte Sektorenschild noch das Kontrollhäuschen der Westalliierten. Ganz zu schweigen von den Schauspielern, die in US-Uniformen ein wenig Grenz-Geschichte nachspielen.
Erzählerin:
2004 ließ Witwe Hildebrandt am Checkpoint Charlie eine weiß gestrichene Mauer aus Pappmaschee, versetzt mit originalen Mauersegmenten, aufstellen. Und davor 1067 Kreuze zum Gedenken an die Todesopfer des DDR-Grenzregimes.
Erzähler:
Weder der Ort der nachgebauten Mauer noch die Zahl der Todesopfer war historisch exakt. Dennoch hatte die Aktion eine heilsame Wirkung, sagt der Historiker Hanno Hochmuth. Denn sie offenbarte eine Leerstelle im Erinnern und beflügelte die Forschung.
ZSP 11 Hochmuth Forschung 0,39
Und das führt dazu, dass vom Berliner Senat 2006 endlich ein Gedenkkonzept für die Erinnerung an die Berliner Mauer verabschiedet wird und dass gleichzeitig eine gemeinsame Historikerkommission eingerichtet wird von der Stiftung Berliner Mauer, die ins Leben gerufen wird, und vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam, die zum ersten Mal mit wissenschaftlichen Kriterien ermitteln, wie viele Menschen tatsächlich an der Berliner Mauer ums Leben gekommen sind und die biografischen Hintergründe dieser gescheiterten Fluchten und dieser tragischen Todesfälle zum ersten Mal ermitteln.
Erzähler:
136 Mauertote zählte die 2009 veröffentlichte Studie. Vier weitere konnten später noch ausfindig gemacht werden. Von 1961 bis 1989 sind also mindestens 140 Menschen an der Berliner Mauer ums Leben gekommen.
Erzählerin:
Die wissenschaftlich fundierte Erinnerungsarbeit kam seit 2006 langsam in Gang. So wurde unter anderem die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße massiv ausgebaut.
MUSIK
Erzähler:
Am Checkpoint Charlie aber herrschen bis heute Show und Kommerz. Ergänzt nur durch ein paar historisch fundierte Provisorien, die mittlerweile in die Jahre gekommen sind. Das geplante neue Museum des Kalten Kriegs aber lässt weiter auf sich warten. Die Lage ist äußerst komplex, sagt Hanno Hochmuth. Grund und Boden gehören nicht der öffentlichen Hand, sondern privaten Investoren. Ohne die wird ein Museum nicht zu errichten sein.
Erzählerin:
Und mit ihnen? Viele Berliner haben daran ernste Zweifel, zumal ihre Stadt durch Gentrifizierung und steigende Mieten ohnehin stark unter Druck geraten ist. All das hat seit 2018 zu einer völlig neuen Debatte geführt.
ZSP 12 Hochmuth Debatte heute 0,27
Nämlich zu der Debatte, ob ein solcher prominenter Freiraum inmitten der Stadt eigentlich von privaten Investoren gefüllt werden sollte. Und deswegen gibt es dort einen neuen Bebauungsplan. Es gibt Gespräche vom Senat mit einem neuen Investor, aber es ist alles andere als einfach und auch nicht sicher, ob in absehbarer Zeit dort dieses eigentlich sehr, sehr notwendige Museum des Kalten Kriegs entstehen kann.
Erzählerin:
Dreieinhalb bis viereinhalb Millionen Menschen besuchen jährlich den Checkpoint Charlie. Und nicht wenige werden dort ratlos zurückgelassen. Es ist höchste Zeit für ein neues Museum, sagt der Historiker Hanno Hochmuth. Ein Haus an historischem Ort, wo wissenschaftlich fundiert an alle Aspekte des Kalten Kriegs erinnert wird.
ZSP 13 Hochmuth global 0,23
Der Checkpoint Charlie könnte eine Klammer darstellen, sowohl für die deutsche Erinnerungskultur als auch für eine globale Erinnerungskultur. Und in einer Zeit, die wie unsere heute so sehr stark von globalen Herausforderungen geprägt ist, ist es auch wichtig, dass unsere Erinnerungskultur globalisiert wird. Und das geht eigentlich an keinem Ort so gut wie am Checkpoint Charlie.
TC 22:07 – Outro
365 afleveringen
Manage episode 433946564 series 2822647
Unmittelbar nach dem Mauerbau im August 1961 errichteten die Westalliierten in der Friedrichstraße eine Grenzübergangsstelle. Der Checkpoint Charlie sollte fast drei Jahrzehnte lang den Ostteil Berlins mit dem Westen verbinden und den Transfer der Alliierten ermöglichen. Bereits im Oktober 1961 standen sich am Checkpoint Charlie US-amerikanische und sowjetische Kampfpanzer gegenüber. Nie war die globale Systemkonfrontation anschaulicher als in jenen Tagen der Panzerkonfrontation. Der Checkpoint Charlie war über Nacht zu einer globalen Ikone des Kalten Kriegs geworden. Von Thomas Grasberger (BR 2023)
Credits
Autor: Thomas Grasberger
Regie: Rainer Schaller
Es sprachen: Christian Jungwirth, Verena Fiebiger, Peter Weiß
Technik: Ruth-Maria Ostermann
Redaktion: Matthias Eggert
Im Interview: Hanno Hochmuth
Anmerkung der Redaktion:
Bis heute gibt es keine exakte Zahl der Todesopfer an der innerdeutschen Grenze bzw. der Berliner Mauer. Nähere Informationen und Angaben zu den Zahlen erhalten Sie HIER.
Ein besonderer Linktipp der Redaktion:
Deutschlandfunk Kultur: Die Geschichte geht weiter - Victor Klemperers Tagebücher 1918 - 1959
Victor Klemperer hat in seinen Tagebüchern die großen Umbrüche notiert – von der Weimarer Republik über die Nazi-Zeit bis zum ersten Jahrzehnt der DDR. Host und Historikerin Leonie Schöler nimmt uns in diesem Podcast mit in die Welt eines deutschen Zeitzeugen. ZUM PODCAST
Linktipps:
ARD: Mauerbau – Konfrontation am Checkpoint Charlie 1961
Zahlreiche historische Clips zeigen die angespannte Situation an der innerdeutschen Grenzen rund um den Checkpoint Charlie.
JETZT ANSEHEN
ZDF (2011): „Checkpoint Charlie: Ich zog die Linie“
Hagen Koch, damals beim Stasi-Wachregiment Feliks Dzierzynski, über seine Inspektion des Grenzverlaufs im Vorfeld des Berliner Mauerbaus. JETZT ANSEHEN
Und hier noch ein paar besondere Tipps für Geschichts-Interessierte:
Im Podcast „TATORT GESCHICHTE“ sprechen die Historiker Niklas Fischer und Hannes Liebrandt über bekannte und weniger bekannte Verbrechen aus der Geschichte. True Crime – und was hat das eigentlich mit uns heute zu tun?
DAS KALENDERBLATT erzählt geschichtliche Anekdoten zum Tagesdatum - skurril, anrührend, witzig und oft überraschend.
Und noch viel mehr Geschichtsthemen, aber auch Features zu anderen Wissensbereichen wie Literatur und Musik, Philosophie, Ethik, Religionen, Psychologie, Wirtschaft, Gesellschaft, Forschung, Natur und Umwelt gibt es bei RADIOWISSEN.
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
Alles Geschichte finden Sie auch in der ARD Audiothek:
ARD Audiothek | Alles Geschichte
JETZT ENTDECKEN
Timecodes (TC) zu dieser Folge:
TC 00:15 – Intro
TC 04:18 – Ein Nadelöhr im Kalten Krieg
TC 05:32 – Die Panzerkonfrontation
TC 10:15 - Grenzgänger
TC 12:51 – Schauplatz der Angst, Flucht & Tod
TC 15:44 – Zwischen Kommerz und Gedenken
TC 22:07 – Outro
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
TC 00:15 – Intro
MUSIK
Erzähler:
Am 13. August 1961, nachts gegen ein Uhr, beginnen die Soldaten, Volkspolizisten und Betriebskampfgruppen der DDR ihr Werk. Die gesamte Grenze zwischen Ost- und West-Berlin wird praktisch lückenlos abgeriegelt. Ebenso die zwischen West-Berlin und der DDR.
ZSP: Walter Ulbricht
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!
Erzählerin:
Allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz hat der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht schon seit längerem die Absicht, eine Mauer zu bauen. Denn seinem sozialistischen Staat laufen scharenweise die Leute davon, nicht zuletzt Fachkräfte und Eliten. Eine bedrohliche Situation für die junge DDR. Ulbricht bedrängt daher den sowjetischen Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow. Der hat sich den Mauerplänen bislang widersetzt. Aber nach harten Verhandlungen in Moskau gibt Chruschtschow schließlich nach.
Erzähler:
Kein Wunder, allein im Juli 1961 sind mehr als 30.000 Menschen in den Westen geflohen. Die meisten über Berlin, weil die innerdeutsche Grenze ja seit 1952 fast hermetisch geschlossen ist. In Berlin aber gilt der Vier-Mächte-Status, die Grenze ist im Prinzip noch durchlässig. Dieses letzte Schlupfloch will Ulbricht jetzt stopfen.
Erzählerin:
Quer durch die Stadt werden Sperranlagen errichtet – zunächst mit Stacheldraht, später mit Zement. Die Mauer wächst rasch heran, und bewaffnete Volkspolizisten verhindern Grenzüberschreitungen in beide Richtungen. Die waren bis dahin ganz normal, sagt Hanno Hochmuth, Historiker am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam. Berlin war zwar seit 1948 politisch geteilt, aber nicht im Alltag.
ZSP 1 Hochmuth verflochten 0,35
Es gab viele Ostberliner, die im Westen arbeiteten oder auch zur Schule gingen oder dort studierten. Es gab aber auch viele Westberliner, die in den Osten fuhren, um dort zum Beispiel sehr, sehr günstig Lebensmittel einzukaufen, was in Westberlin übrigens verpönt gewesen ist. Aber dieses Berlin war tatsächlich bis zum 13. August 1961 noch eine sehr stark verflochtene Gesellschaft, und das war mit einem Mal dann vorbei. Und viele Westberliner reagierten entsetzt und empört und erwarteten eigentlich eine unmittelbare Reaktion der Westalliierten, dass sie sich das nicht gefallen lassen und waren enttäuscht.
MUSIK
Erzählerin:
Denn die erhoffte Machtdemonstration des Westens bleibt aus. US-Präsident John F. Kennedy – 44 Jahre alt und gerade erst frisch ins Amt gewählt – klingt am 13. August 1961 richtiggehend erleichtert:
Zitator:
„Es ist keine besonders angenehme Lösung, aber eine Mauer ist verdammt viel besser als ein Krieg.“
Erzähler:
Die USA, formuliert Hanno Hochmuth etwas zugespitzt, waren froh über den Mauerbau. Denn er nahm Druck aus der angespannten politischen Lage zwischen den Supermächten.
ZSP 2 Hochmuth befriedet 0,27
Dass jetzt die Sowjets zuließen, dass die DDR den sowjetischen Sektor von Berlin, Ostberlin abriegelt, war im Prinzip ein Zugeständnis von Chruschtschow in den Augen der Amerikaner, dass die Sowjets nicht mehr ganz Berlin für sich beanspruchen. Und insofern waren sie eigentlich froh, dass diese dramatische Eskalation, die es eigentlich vorher gegeben hat, durch den Mauerbau ein Stück weit befriedet wurde.
Erzähler:
Im nun geteilten Berlin gilt weiterhin der Vier-Mächte-Status. Das bedeutet, alle vier Besatzungsmächte haben freien Zugang zu allen vier Sektoren der Stadt. Sowjetische Militärs unternehmen „Missionsfahrten“ in die drei Westsektoren. Und amerikanische Offiziere steuern ihre Militärjeeps durch den sowjetischen Sektor. Ein reger Austausch also, trotz Mauer. Aber ...
ZSP 3 Hochmuth Def 0,13
Dafür musste auch eine ganz besondere Grenzübergangsstelle eingerichtet werden, die nur für diesen alliierten Transfer praktisch von einem Teil Berlins in den anderen Teil eingerichtet wurde. Und das war der Checkpoint Charlie.
TC 04:18 – Ein Nadelöhr im Kalten Krieg
Erzählerin:
Ein Nadelöhr im Kalten Krieg. Eines von mehreren, benannt nach den Buchstaben im NATO-Alphabet. Der Grenz-Kontrollpunkt C war der Checkpoint Charlie. Den musste passieren, wer innerhalb Berlins zwischen dem amerikanischen und dem sowjetischen Sektor hin- und herfahren wollte.
Erzähler:
Eingerichtet hatten ihn die Westalliierten unmittelbar nach dem Mauerbau. Und zwar mitten in der Friedrichstraße, zwischen Zimmer- und Kochstraße. Fast drei Jahrzehnte lang sollte der Checkpoint Charlie als ein Symbol des Kalten Kriegs existieren.
Erzählerin:
Dass Amerikaner, Franzosen und Briten stets nur vom Checkpoint, vom Kontrollpunkt sprachen, hatte mit dem Vier-Mächte-Status zu tun. Für die Westalliierten war Berlin eine gemeinsam verwaltete Stadt, in der es keine Grenze und somit auch keine echten Grenzkontrollen geben konnte.
Erzähler:
Die DDR sah das anders. Für sie verlief mitten durch Berlin tatsächlich eine Staatsgrenze. Deshalb nannte sie das nördliche Gegenstück zum Checkpoint Charlie auch „Grenzübergangsstelle“, kurz „GÜST Friedrichstraße“.
Erzählerin:
Dass hinter solchen Namens-Fragen massive politische Interessen standen, wurde schon wenige Wochen nach dem Mauerbau deutlich.
TC 05:32 – Die Panzerkonfrontation
MUSIK
Erzähler:
Sonntag, 22. Oktober 1961. Edwin Allan Lightner, der stellvertretende Chef der US-amerikanischen Militärmission in Berlin, fährt mit seiner Frau in den Ostteil Berlins. Die beiden wollen ins Theater, in den Friedrichstadtpalast. Schon vor dem Mauerbau haben sie dort oft Kulturveranstaltungen besucht. Diesmal aber erlebt Lightner eine Überraschung.
ZSP 4 Hochmuth Theater 0,20
Als der rüberfahren möchte, wird er angehalten, und zwar nicht von sowjetischen Militärs. Das wäre ja vielleicht noch okay gewesen, sondern von DDR-Grenzsoldaten. Das war für ihn eine ganz klare Verletzung des Vier-Mächte-Status seiner Rechte als amerikanischer Top Diplomat und Top Militär.
Erzähler:
Die DDR-Grenzsoldaten sind angewiesen, amerikanische Militär-Angehörige in Zivil nach ihren Ausweisen zu fragen. Edwin Lightner ist wütend, der amerikanische Militär protestiert gegen die Passkontrolle. Vergeblich. Das Ehepaar muss umkehren.
Erzählerin:
Lightner wendet sich umgehend an Lucius D. Clay, den amerikanischen Stadtkommandanten. Als Vater der Berliner Luftbrücke von 1948 ist Clay ein berühmter Mann. Präsident Kennedy hat ihn 1961 erneut nach Berlin geschickt, quasi als seinen persönlichen Vertreter in der Stadt. Clay hört sich Lightners Geschichte an und reagiert rasch.
ZSP 5 Hochmuth Panzer 0,18
Indem er amerikanische Panzer auffahren ließ am Checkpoint Charlie. Und die Sowjets ihrerseits reagierten damit, dass sie sowjetische Panzer von Norden her auf den Checkpoint Charlie zurollen ließen, und diese standen sich dann dort mehrere Stunden gefechtbereit gegenüber.
MUSIK
Erzähler:
Am 27. Oktober 1961, gegen 17 Uhr, beginnen die Panzer zu rollen. Die Konfrontation am Checkpoint Charlie dauert 16 Stunden. Stunden, in denen der heiße Draht zwischen Moskau und Washington glüht. Am Ende geht alles glimpflich aus, aber die Lage war keineswegs ungefährlich, meint der Historiker Hanno Hochmuth.
ZSP 6 Hochmuth Glaubwürdigkeit 0,36
Denn es standen sich in der Tat zum Ersten Mal direkt Panzer von den beiden Supermächten gegenüber. Die hatten auch geladene Kanonenrohre. Es war militärisch klar, dass die paar amerikanischen Panzer Westberlin nicht hätten verteidigen können. Aber es ging im Kalten Krieg immer nicht nur um Truppenstärke, sondern auch um Glaubwürdigkeit, dass man dem, was man sagt und was man behauptet, auch etwas folgen lässt. Und für die Amerikaner war es immer ganz wichtig, wenn Kennedy schon sagt, dieses Westberlin muss Bestand haben, dann muss man im Zweifelsfalle auch dafür einstehen.
MUSIK
Erzählerin:
Was aber bedeutet das in Zeiten des Kalten Kriegs? Nur drei Tage nach der Berliner Panzerkonfrontation führt die Sowjetunion im Nordpolarmeer den größten Atomtest aller Zeiten durch. Und auf amerikanischer Seite ist man nicht minder stark gerüstet. Das Vernichtungspotenzial auf beiden Seiten ist enorm. Ein Jahr später, in der Kubakrise, wird die Welt am Rand des atomaren Abgrunds stehen.
Erzähler:
Das erste Kräftemessen am Checkpoint Charlie wirkt medial noch lange nach. Beängstigend spektakulär waren die Fotos, die damals um die Welt gingen: auf der einen Seite die US-amerikanischen M48- Kampfpanzer, auf der anderen sowjetische T54. Nie war die globale Systemkonfrontation anschaulicher als in jenen Oktobertagen 1961. Der Checkpoint Charlie war über Nacht zu einer globalen Ikone des Kalten Kriegs geworden.
Erzählerin:
Die Berlin-Krise endet 1961 mit einem Kompromiss: Amerikanische Militärs, die künftig nach Ostberlin fahren, müssen nun ihre Militärausweise in die Windschutzscheibe legen. Und die DDR-Grenzsoldaten dürfen sie fortan nicht mehr kontrollieren.
Erzähler:
Dramatischer sind die Veränderungen im Alltag der Bürger. Mehr als eine Million Ostberliner waren von den 2,2 Millionen Westberlinern vollständig getrennt. Persönliche Kontakte gab es zunächst keine mehr, sagt Hanno Hochmuth. Es sollte mehr als zwei Jahre dauern, bis die ersten Westberliner an Weihnachten 1963 wieder nach Ostberlin reisen durften.
ZSP 7 Hochmuth getrennter Alltag 0,19
Für Ostberliner ist es noch eine viel längere Wartezeit. Da wird das Ganze ja erst in den 70er Jahren so geregelt, dass zumindest ältere Leute und privilegierte Leute in den Westen reisen können. Das heißt, diese sehr, sehr stark verflochtene Gesellschaft, die reißt vollkommen entzwei.
TC 10:15 - Grenzgänger
MUSIK
Erzähler:
Im Alltag ganz normaler Ostberliner spielte der Checkpoint Charlie keine Rolle. Sofern sie überhaupt reisen durften, fuhren sie über die ein Kilometer weiter nördlich gelegene „GÜST Bahnhof Friedrichstraße“ in den Westteil der Stadt.
Erzählerin:
Der Checkpoint Charlie hingegen war jenen vorbehalten, die innerhalb Berlins Freizügigkeit genossen: Mitglieder der Alliierten Streitkräfte, Angehörige des Militärpersonals, Diplomatinnen und Diplomaten oder ausländische Touristen. Und auch DDR-Funktionäre durften hier passieren.
Erzähler:
Eine schillernde Schar von Grenzgängern also, die die Fantasie von Schriftstellern und Drehbuchautoren anregte. Zumindest wenn sie sich mit Agentengeschichten befassten. „Der Spion, der aus der Kälte kam“ heißt ein berühmter Spionageroman des britischen Autors John le Carré aus dem Jahr 1963. Als das Buch zwei Jahre später verfilmt wird, ist in der Eingangsszene natürlich die Ikone des Kalten Kriegs zu sehen – der Checkpoint Charlie.
Erzählerin:
Solch mythische Überhöhungen hatten mit dem schnöden Grenzer-Alltag in der Regel wenig zu tun. Viel Zettelkram und Bürokratie herrschte am Kontrollpunkt, bzw. an der GÜST. Wo anfangs nur ein kleines Grenzkontrollhäuschen stand, kam bald ein zweites hinzu, und später eine große Baracke. In den 1970er und 80er Jahren wurde der Checkpoint Charlie dann immer weiter ausgebaut, zu einem wahren Grenz-Bollwerk aus Beton.
Erzähler:
Auf westlicher Seite standen die alliierten Kontrolleinheiten in einer Baracke, die einen langen Gang und eine Glasfront beherbergte. Alle westlichen Besucher mussten sich am Schalter ihrer jeweiligen Besatzungsmacht ausweisen und wurden mit Instruktionen versehen, bevor sie nach Ostberlin reisen durften. Den Amerikanern, Briten und Franzosen war es wichtig, dass sich ihre Landsleute im Osten korrekt verhalten, ganz im Sinne des Vier-Mächte-Status.
Erzählerin:
Auf DDR-Seite standen sogenannte Passkontrolleinheiten, kurz PKE. Die sahen aus wie reguläre Grenzsicherungseinheiten, unterstanden in Wahrheit aber dem Ministerium für Staatssicherheit.
Erzähler:
Die DDR-Grenzsoldaten kontrollierten genau, welche Ausländer nach Ostberlin einreisten. Und vor allem achteten sie darauf, dass niemand in den Westen floh. Solche Versuche gab es immer wieder, sagt Hanno Hochmuth, obwohl man nur ganz langsam und in Schlangenlinien durch die gesicherte Grenzanlage fahren konnte. Selbst mit einem LKW war sie kaum zu durchbrechen.
TC 12:51 – Schauplatz der Angst, Flucht & Tod
MUSIK
Erzähler:
Der Checkpoint Charlie war immer wieder Schauplatz spektakulärer Fluchtversuche aus dem damaligen Ost-Berlin. Und früh schon kam es zu tödlichen Zwischenfällen. Am 17. August 1962, fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Mauerbau, wird in der Nähe vom Checkpoint ein junger Mann angeschossen, der zusammen mit einem Kollegen in den Westen fliehen will. Der 18-jährige Peter Fechter verblutet unmittelbar an der Grenzmauer in der Zimmerstraße, vor den Augen zahlreicher West-Berliner. Niemand traut sich ihm zu helfen – aus Angst vor den bewaffneten DDR-Grenzern.
Erzählerin:
Insgesamt – schätzen Historiker – gab es zwischen 1961 und 1989 etwa 5500 gelungene Fluchten vom Osten in den Westen der Stadt. Einige auch am Checkpoint Charlie, weil amerikanische Militärs dort von Ost-Grenzern nicht mehr kontrolliert werden durften. So kam es immer wieder vor, dass GI´s im Osten der Stadt DDR-Bürger einsammelten, um sie dann im Kofferraum ihrer Fahrzeuge zu verstecken und in den Westen zu schmuggeln.
Erzähler:
Aber die US-amerikanischen Befehlshaber sahen solche Aktionen nicht gern. Und auch vom Westberliner Senat wurden die zahlreichen West-Berliner Fluchthelfer bald mit Argwohn betrachtet. Denn erstens war Fluchthilfe – egal ob sie aus ideellen oder materiellen Motiven heraus geschah – immer eine lebensgefährliche Sache. Und zweitens, sagt Hanno Hochmuth, wollte man dem Osten keinen Vorwand für weitere Eskalationen liefern. Denn unmittelbar nach dem Mauerbau war es verschiedentlich zu heftigen Konfrontationen zwischen DDR-Grenztruppen und Fluchthelfern gekommen.
ZSP 8 Hochmuth Mauertote 0,42
Dabei sind ja auch mehrere DDR-Grenzsoldaten ums Leben gekommen, die von Fluchthelfern erschossen worden sind. Das ist natürlich dann auf der Ostseite propagandistisch extrem ausgeschlachtet worden, und genau das wollte man jetzt auf der Seite des Senats nun wiederum auch nicht, dass DDR-Grenzsoldaten als Märtyrer verehrt werden und zelebriert werden auf der DDR-Seite.
Erzähler:
Der Checkpoint Charlie war von Anfang an ein Brückenkopf auf dem geschichtspolitischen Schlachtfeld des Kalten Kriegs. Ein knappes Jahr, nachdem der 18-jährige Peter Fechter erschossen worden war, entstand auf Privatinitiative ein sogenanntes Mauermuseum: Das „Museum Haus am Checkpoint Charlie". Sein Gründer Rainer Hildebrandt hatte schon gegen Hitler Widerstand geleistet. Jetzt half er DDR-Bürgern bei der Flucht und prangerte das totalitäre System des Kommunismus mit seinem blutigen Grenzregime und den Mauertoten an.
Erzählerin:
Die Erinnerungsarbeit am Checkpoint setzte also lange vor dem Mauerfall 1989 ein.
TC 15:44 – Zwischen Kommerz und Gedenken
MUSIK
ZSP Archiv Günter Schabowski:
Nach meiner Kenntnis ist das... sofort
Erzähler:
Der Abend des 9. November 1989. Kurz nachdem der SED-Funktionär Günter Schabowski das neue, gelockerte Reisegesetz der DDR verkündet hat, laufen von beiden Seiten der Mauer Menschen auf den Checkpoint Charlie zu: „Lasst uns rein!", rufen die West-Berliner. „Lasst uns raus!", die Ost-Berliner. Und kurz danach ist das Grenzregime Geschichte. Die Schlagbäume sind offen.
Erzählerin:
Nur ein halbes Jahr später, noch vor dem Ende der DDR, wird die Anlage am Checkpoint Charlie abgebaut. Kaum sind am 22. Juni 1990 die letzten Reden gehalten, werden Gurte um das Grenzhäuschen gespannt, ein Kran hebt es in die Luft.
ZSP Schließungsfeier ( W0523261 101) 3,13-3,29
...for lifting. Madames et Messieurs…
Erzähler:
Es ist nicht das Ende vom Mythos Checkpoint Charlie. Auch wenn 1990 erst einmal eine Phase der Geschichtsvergessenheit einsetzt. Denn unmittelbar nach dem Mauerfall denkt kaum jemand daran, hier einen Erinnerungsort zu bewahren, sagt Historiker Hochmuth. Oberstes Ziel war es, die Brachen, die die Mauer geschlagen hatte, schnell zu beseitigen. Die Stadt sollte wieder zusammenwachsen und eine Metropole werden, wie einst in den goldenen 1920er Jahren.
ZSP 9 Hochmuth 1990 0,29
Dazu gehört es, dass man Investoren in die Stadt locken möchte. Dazu gehört der Glaube, dass ganz schnell dort wieder viel gebaut wird, dass große Unternehmen wieder zurückkehren nach Berlin. Und deswegen ist das eine Zeit mit wahnsinnig viel Versprechungen gegenüber Investoren, wo auch das Baurecht sehr leichtfertig vergeben wird. Und das prägt die Stadt bis heute, weil dort viele Fakten geschaffen worden sind, die bis heute Pfadabhängigkeiten für Berlin bedeuten.
Erzähler:
Pfade, die sich als geschichtspolitische Holzwege erweisen. Mit Pleiten, Pech und Pannen. Als 2004 der Mauer-Museumsgründer Rainer Hildebrandt stirbt, beginnt bald eine Phase der Kommerzialisierung der Gedenkstätte. Geschichte als Geschäftsmodell. Die Zeiten sind dafür günstig. Denn Berlin wird damals gerade zum Hotspot im Städtetourismus. Millionen strömen jedes Jahr an die Spree, nicht nur Party-Touristen, sondern auch viele Kunst- und Geschichtsinteressierte. Berlin boomt.
ZSP 10 Hochmuth Witwe 0,23
Und der Checkpoint Charlie gehört dort unmittelbar dazu. Und die Witwe Alexandra Hildebrandt erkennt das auch und verwandelt dieses Mauermuseum und auch das Mauer-Gedenken am Checkpoint Charlie in eine trivialisierte Kost für die Touristen, die dort mächtig abgeschöpft werden durch horrende Eintrittspreise in diesem Museum.
Erzähler:
Das private Mauer-Museum nutzt die Lücke, die durch Versäumnisse des Berliner Senats entstanden ist. Authentisch ist am Checkpoint Charlie bald nichts mehr. Weder das alte Sektorenschild noch das Kontrollhäuschen der Westalliierten. Ganz zu schweigen von den Schauspielern, die in US-Uniformen ein wenig Grenz-Geschichte nachspielen.
Erzählerin:
2004 ließ Witwe Hildebrandt am Checkpoint Charlie eine weiß gestrichene Mauer aus Pappmaschee, versetzt mit originalen Mauersegmenten, aufstellen. Und davor 1067 Kreuze zum Gedenken an die Todesopfer des DDR-Grenzregimes.
Erzähler:
Weder der Ort der nachgebauten Mauer noch die Zahl der Todesopfer war historisch exakt. Dennoch hatte die Aktion eine heilsame Wirkung, sagt der Historiker Hanno Hochmuth. Denn sie offenbarte eine Leerstelle im Erinnern und beflügelte die Forschung.
ZSP 11 Hochmuth Forschung 0,39
Und das führt dazu, dass vom Berliner Senat 2006 endlich ein Gedenkkonzept für die Erinnerung an die Berliner Mauer verabschiedet wird und dass gleichzeitig eine gemeinsame Historikerkommission eingerichtet wird von der Stiftung Berliner Mauer, die ins Leben gerufen wird, und vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam, die zum ersten Mal mit wissenschaftlichen Kriterien ermitteln, wie viele Menschen tatsächlich an der Berliner Mauer ums Leben gekommen sind und die biografischen Hintergründe dieser gescheiterten Fluchten und dieser tragischen Todesfälle zum ersten Mal ermitteln.
Erzähler:
136 Mauertote zählte die 2009 veröffentlichte Studie. Vier weitere konnten später noch ausfindig gemacht werden. Von 1961 bis 1989 sind also mindestens 140 Menschen an der Berliner Mauer ums Leben gekommen.
Erzählerin:
Die wissenschaftlich fundierte Erinnerungsarbeit kam seit 2006 langsam in Gang. So wurde unter anderem die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße massiv ausgebaut.
MUSIK
Erzähler:
Am Checkpoint Charlie aber herrschen bis heute Show und Kommerz. Ergänzt nur durch ein paar historisch fundierte Provisorien, die mittlerweile in die Jahre gekommen sind. Das geplante neue Museum des Kalten Kriegs aber lässt weiter auf sich warten. Die Lage ist äußerst komplex, sagt Hanno Hochmuth. Grund und Boden gehören nicht der öffentlichen Hand, sondern privaten Investoren. Ohne die wird ein Museum nicht zu errichten sein.
Erzählerin:
Und mit ihnen? Viele Berliner haben daran ernste Zweifel, zumal ihre Stadt durch Gentrifizierung und steigende Mieten ohnehin stark unter Druck geraten ist. All das hat seit 2018 zu einer völlig neuen Debatte geführt.
ZSP 12 Hochmuth Debatte heute 0,27
Nämlich zu der Debatte, ob ein solcher prominenter Freiraum inmitten der Stadt eigentlich von privaten Investoren gefüllt werden sollte. Und deswegen gibt es dort einen neuen Bebauungsplan. Es gibt Gespräche vom Senat mit einem neuen Investor, aber es ist alles andere als einfach und auch nicht sicher, ob in absehbarer Zeit dort dieses eigentlich sehr, sehr notwendige Museum des Kalten Kriegs entstehen kann.
Erzählerin:
Dreieinhalb bis viereinhalb Millionen Menschen besuchen jährlich den Checkpoint Charlie. Und nicht wenige werden dort ratlos zurückgelassen. Es ist höchste Zeit für ein neues Museum, sagt der Historiker Hanno Hochmuth. Ein Haus an historischem Ort, wo wissenschaftlich fundiert an alle Aspekte des Kalten Kriegs erinnert wird.
ZSP 13 Hochmuth global 0,23
Der Checkpoint Charlie könnte eine Klammer darstellen, sowohl für die deutsche Erinnerungskultur als auch für eine globale Erinnerungskultur. Und in einer Zeit, die wie unsere heute so sehr stark von globalen Herausforderungen geprägt ist, ist es auch wichtig, dass unsere Erinnerungskultur globalisiert wird. Und das geht eigentlich an keinem Ort so gut wie am Checkpoint Charlie.
TC 22:07 – Outro
365 afleveringen
Alle afleveringen
×Welkom op Player FM!
Player FM scant het web op podcasts van hoge kwaliteit waarvan u nu kunt genieten. Het is de beste podcast-app en werkt op Android, iPhone en internet. Aanmelden om abonnementen op verschillende apparaten te synchroniseren.