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Hat die schweizerischer Neutralität Zukunft? - mit Sarah Wyss und Paul Widmer

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Können wir angesichts der russischen Aggression gegen die Ukraine neutral bleiben? Darüber diskutiere ich mit der Nationalrätin Sarah Wyss und dem Publizisten und ehemaligen Botschafter Paul Widmer.

Für Sarah Wyss ist „die Neutralität ein Teil unserer DNA“. Sie plädiert für eine„aktive Neutralität“. Paul Widmer widerspricht: „Der erste Sinn der Neutralität ist nicht, dass man aktiv ist (..), sondern dass man sich einer Entscheidung enthält“ und dass „der Staat als solcher nicht (..) seine Ansichten zur Kenntnis gibt“. - „Aber wenn man nichts sagt“, entgegnet Wyss, beziehe „man am Schluss auch als Staat eine Position(..) Wenn Völkerrecht mit den Füssen getreten wird und der Staat schweigt (..), dann nimmt er Position“. Die Schweiz könne sich im Sinne der Neutralität an Wirtschaftssanktionen beteiligen, wofür mittlerweile ein breiter politischer Konsens bestehe. Paul Widmer ist dagegen; er wird auch die entsprechende Verfassungsinitiative von „Pro Schweiz“ und der SVP unterstützen. Er plädiert für die traditionelle Position des „Courant normal“, der lediglich Umgehungsgeschäfte verhindere, von der Regierung aber besser erklärt werden müsse.

Angesichts der schweizerischen Teilnahme an den EU-Sanktionen fragt sich Widmer: „Ist denn nicht etwas völlig falsch gelaufen, wenn der amerikanische Präsident und der russische Präsident beide zusammen sagen, die Schweiz sei nicht mehr neutral?“ und wenn die Presse in beiden Ländern behauptet, „die Schweiz habe ihre Neutralität aufgegeben. Wir haben versagt da !“ – Dagegen argumentiert Wyss, der Bundesrat habe sich den Sanktionen angeschlossen, „weil er eben nicht Steigbügelhalter sein wollte für Umgehungsgeschichten. Und das hat es gegeben 2014, als Oligarchengelder in die Schweiz hereingekommen sind, in Milliardenhöhe. Wenn wir das weiterhin erlauben würden, wären wir nicht neutral.“

Aber ist es so schlimm, wenn uns Moskau nicht mehr als neutral betrachtet? „Natürlich ist es schlimm“, so Paul Widmer, „wenn Russland und auch Indien finden, die Schweiz sei nicht mehr neutral, dann darfst du nicht mehr darauf zählen, dass die Neutralität erfüllt, was sie muss, nämlich dass die andern glauben, du würdest dich neutral verhalten in einem Konflikt“. Die Frage der Glaubwürdigkeit – so Wyss – stelle sich aber nicht nur in Moskau, sondern vor allem in der europäischen Nachbarschaft, und diese erwarte Solidarität. Hier ist mit dem Ukrainekrieg ein neuer Gegensatz zwischen Neutralität und Solidarität aufgebrochen.

Wenn sich aber heute - im Gegensatz zur Entstehungsgeschichte der Neutralität – das ausländische Interesse an der Neutralität nicht mehr nachweisen lässt, wie begründen wir dann unser Interesse an der Neutralität? Wir müssen – so Widmer – zeigen, dass sie nützlich sei für uns, wir müssen aber auch zeigen, dass sie „ein sinnvolles Element in der Friedensordnung in der Welt ist, solange es die kollektive Sicherheit nicht gibt“. – Für Sarah Wyss hingegen lässt sich der erwähnte Gegensatz dadurch überwinden, „dass die Neutralität auch mit der Solidarität zu vereinbaren ist, wenn wir sie nicht ganz so eng definieren“. In der Frage der Wiederausfuhr schweizerischer Munition plädiert Wyss aber streng friedenspolitisch für eine enge Definition der Neutralität, während Widmer das Wiederausfuhrverbot von Kriegsmaterial nicht für zweckmäßig hält.

Ein neutralitätspolitisches Problem dürfte sich in Zukunft in der Europapolitik daraus ergeben, dass Art. 42 der europäischen Verfassung von EU-Mitgliedstaaten Solidarität im militärischen Konflikt verlangt. Deshalb liesse sich eine EU-Beitrittsdiskussion innenpolitisch nur mit einer sehr flexiblen neutralitätspolitischen Haltung führen oder, was Widmer bestätigt, Art. 42 wird ein wichtiges Argument gegen den Beitritt, ganz abgesehen vom Ziel der gemeinsamen EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Wyss hingegen sieht hier keinen Widerspruch, weil Art. 42 dank seinem Absatz 7 die bestehende Sicherheits- und Verteidigungspolitik

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Für Sarah Wyss ist „die Neutralität ein Teil unserer DNA“. Sie plädiert für eine„aktive Neutralität“. Paul Widmer widerspricht: „Der erste Sinn der Neutralität ist nicht, dass man aktiv ist (..), sondern dass man sich einer Entscheidung enthält“ und dass „der Staat als solcher nicht (..) seine Ansichten zur Kenntnis gibt“. - „Aber wenn man nichts sagt“, entgegnet Wyss, beziehe „man am Schluss auch als Staat eine Position(..) Wenn Völkerrecht mit den Füssen getreten wird und der Staat schweigt (..), dann nimmt er Position“. Die Schweiz könne sich im Sinne der Neutralität an Wirtschaftssanktionen beteiligen, wofür mittlerweile ein breiter politischer Konsens bestehe. Paul Widmer ist dagegen; er wird auch die entsprechende Verfassungsinitiative von „Pro Schweiz“ und der SVP unterstützen. Er plädiert für die traditionelle Position des „Courant normal“, der lediglich Umgehungsgeschäfte verhindere, von der Regierung aber besser erklärt werden müsse.

Angesichts der schweizerischen Teilnahme an den EU-Sanktionen fragt sich Widmer: „Ist denn nicht etwas völlig falsch gelaufen, wenn der amerikanische Präsident und der russische Präsident beide zusammen sagen, die Schweiz sei nicht mehr neutral?“ und wenn die Presse in beiden Ländern behauptet, „die Schweiz habe ihre Neutralität aufgegeben. Wir haben versagt da !“ – Dagegen argumentiert Wyss, der Bundesrat habe sich den Sanktionen angeschlossen, „weil er eben nicht Steigbügelhalter sein wollte für Umgehungsgeschichten. Und das hat es gegeben 2014, als Oligarchengelder in die Schweiz hereingekommen sind, in Milliardenhöhe. Wenn wir das weiterhin erlauben würden, wären wir nicht neutral.“

Aber ist es so schlimm, wenn uns Moskau nicht mehr als neutral betrachtet? „Natürlich ist es schlimm“, so Paul Widmer, „wenn Russland und auch Indien finden, die Schweiz sei nicht mehr neutral, dann darfst du nicht mehr darauf zählen, dass die Neutralität erfüllt, was sie muss, nämlich dass die andern glauben, du würdest dich neutral verhalten in einem Konflikt“. Die Frage der Glaubwürdigkeit – so Wyss – stelle sich aber nicht nur in Moskau, sondern vor allem in der europäischen Nachbarschaft, und diese erwarte Solidarität. Hier ist mit dem Ukrainekrieg ein neuer Gegensatz zwischen Neutralität und Solidarität aufgebrochen.

Wenn sich aber heute - im Gegensatz zur Entstehungsgeschichte der Neutralität – das ausländische Interesse an der Neutralität nicht mehr nachweisen lässt, wie begründen wir dann unser Interesse an der Neutralität? Wir müssen – so Widmer – zeigen, dass sie nützlich sei für uns, wir müssen aber auch zeigen, dass sie „ein sinnvolles Element in der Friedensordnung in der Welt ist, solange es die kollektive Sicherheit nicht gibt“. – Für Sarah Wyss hingegen lässt sich der erwähnte Gegensatz dadurch überwinden, „dass die Neutralität auch mit der Solidarität zu vereinbaren ist, wenn wir sie nicht ganz so eng definieren“. In der Frage der Wiederausfuhr schweizerischer Munition plädiert Wyss aber streng friedenspolitisch für eine enge Definition der Neutralität, während Widmer das Wiederausfuhrverbot von Kriegsmaterial nicht für zweckmäßig hält.

Ein neutralitätspolitisches Problem dürfte sich in Zukunft in der Europapolitik daraus ergeben, dass Art. 42 der europäischen Verfassung von EU-Mitgliedstaaten Solidarität im militärischen Konflikt verlangt. Deshalb liesse sich eine EU-Beitrittsdiskussion innenpolitisch nur mit einer sehr flexiblen neutralitätspolitischen Haltung führen oder, was Widmer bestätigt, Art. 42 wird ein wichtiges Argument gegen den Beitritt, ganz abgesehen vom Ziel der gemeinsamen EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Wyss hingegen sieht hier keinen Widerspruch, weil Art. 42 dank seinem Absatz 7 die bestehende Sicherheits- und Verteidigungspolitik

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