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Sternengeschichten Folge 517: Astronomische Verbrechen

 
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Sternengeschichten Folge 517: Astronomische Verbrechen

In dieser Folge der Sternengeschichten wird es um Verbrechen gehen. Um Diebstahl, Erpessung, um Mord und Totschlag. Ok, um Mord und Totschlag nicht, obwohl es das in der Astronomie natürlich auch gegeben hat. Astronomie wird von Menschen betrieben und Menschen verhalten sich menschlich. Und dazu gehört leider auch Gewalt und Kriminalität. Aber wie gesagt: Wir werden uns auf Diebstahl und Erpressung konzentrieren; die Geschichten von Mord und Totschlag erzähle ich vielleicht ein anderes Mal.

Einer der berühmtesten Diebstähle in der Astronomie fand im 19. Jahrhundert statt und zwar an der Allegheny Sternwarte in Pittsburgh. Sie wurde 1859 gegründet, zuerst als private Einrichtung, die aber ein paar Jahre später der Universität von Pennsylvania angeschlossen wurde. Ihr erster Direktor war Samuel Pierpont Langley, der nicht nur das Bolometer erfunden hat, also ein Gerät, das die gesamte elektromagnetische Strahlung messen kann, die von einem Objekt ausgeht – was enorm wichtig für die Helligkeitsmessung von Sternen ist – sondern auch ein Pioneer der Luftfahrt war. Damals war die Sternwarte mit dem Fitz-Clark-Refraktor ausgestattet, ein Teleskop mit einer Linse die einen Durchmesser von 33 Zentimetern hatte. Das klingt nach wenig, ist aber gar nicht so schlecht für ein Linsenteleskop und damals war es das drittgrößte Teleskop der Welt.

Am 8. Juli 1872 ist Langley gerade von einer Konferenz zurück zur Sternwarte gekommen und musste feststellen, dass irgendjemand die Linse des Teleskop geklaut hatte. Ein ziemlich kurioser Diebstahl, denn erstens ist es gar nicht so einfach, so eine Linse unbemerkt aus einem Teleksop raus zu bekommen. Und zweitens: Was fängt man damit an? Es handelt sich ja nur um ein Stück Glas. Zugegeben, ein Stück Glas, das sehr aufwendig herzustellen ist und dessen Herstellung viel Geld kostet. Aber wenn man nicht zufällig eine Sternwarte zuhause hat, kann man damit nicht viel anfangen. Aber dem Dieb ging es nicht um astronomische Beobachtung. Sondern um die Erpressung von Lösegeld. Für die Sternwarte war es natürlich wichtig, ein funktionierendes Teleskop zu haben und der Gedanke, dass man sich die Rückgabe der Linse einiges an Geld kosten lassen würde, war nicht ganz abwegig.

Ab jetzt wird die Geschichte aus historischer Sicht ein wenig unklar und man findet verschiedene Versionen wie es weiter ging. Angeblich soll Langley einen Brief erhalten haben, mit der Botschaft “Triff mich im Wald hinter der Sternwarte, um Mitternacht, oder du siehst die Linse nie wieder”. Anderswo wird einfach nur berichtet, dass Langley auf die eine oder andere Weise heraus fand, wer der Dieb war und sich mit ihm traf. Oder der Dieb auf andere Weise Kontakt aufgenommen hat. Auf jeden Fall kam es zum Treffen zwischen Sternwarte-Direktor und Linsenkidnapper und Langley wurde mit der Lösegeld-Forderung konfrontiert.

Da muss man ne Linse erstmal rauskriegen… (Bild: gemeinfrei)

Nun sind sich alle Quellen wieder einig: Langley hatte keine Lust, für seine Linse zu bezahlen. Denn ansonsten würde das vielleicht nur weitere Linsendiebe motivieren. Was danach passiert ist, ist wieder unklar. Manche sagen, dass Langley den Dieb überreden konnte, die Linse zurück zu geben, mit dem Versprechen, dass er niemanden verraten würde, wer er ist und er somit straffrei bleiben würde. Andere sagen, dass der Dieb selbst die Lösegeldforderung zurück zog, als er merkte, dass Langley nicht zahlen will und aus Angst, er könnte identifiziert werden, wenn die Sache erstmal in den Medien berichtet wird, die Linse zurück gegeben hat. Oder zumindest verraten hat, wo die Linse zu finden ist. Oder nicht einmal das getan hat, sondern einfach verschwunden ist. Auf jeden Fall aber ist die Linse wieder aufgetaucht, im Mülleimer eines Hotels in Pennsylvania. Leider hat der Dieb sie nicht sonderlich pfleglich behandelt; sie war zerkratzt und unbrauchbar. Also wurde sie zu Alvan Clark geschickt, einem der besten Teleskopbauer der damaligen Zeit. Der hat sie wieder restauriert und das so gut, dass sie danach besser war als vorher. Weswegen das Teleskop heute eben nicht nur nach dem ursprünglichen Erbauer – Fitz – sondern auch nach Clark benannt ist und Fitz-Clark-Refraktor heißt.

Das Linsennapping hatte also ein gutes Ende für die Astronomie. Knapp 100 Jahre später wäre ein ähnlicher Fall aber fast schief gegangen. Großbritannien plante, ein neues Radioteleskop zu bauen und auf dem Mauna Kea in Hawaii zu errichten. Das James-Clerk-Maxwell-Teleskop sollte einen Spiegel von 15 Meter Durchmesser haben und das zur damaligen Zeit weltgrößte Teleskop für die Beobachtung im Submillimeter- und Millimeter-Wellenlängenbereich sein. Als Partner kamen noch die Niederlande dazu und 1983 fing man in Großbritannien mit dem Bau an. So ein Teleskop besteht aber nicht nur aus einem Spiegel, es braucht auch ein Gerüst drum herum. In diesem Fall ein ziemlich großes für das jede Menge Stahl benötigt wurde und auch der musste auf die richtige Weise verarbeitet werden, denn so ein Teleskop kann man nicht einfach auf irgendwelchen x-beliebigen Stahlträgern aufhängen. Als das ganze komplizierte Gerüst für das Teleskop endlich fertig gebaut war, wollte man die Teile von Großbritannien nach Hawaii bringen. Mit dem Schiff, denn für ein Flugzeug wäre das zu viel gewesen. Aber das Schiff, das eigentlich dafür vorgesehen war, hatte eine Panne und man musste auf die Schnelle ein neues Schiff engagieren. Das war viel kleiner, fast zu klein – aber das Gerüst passte gerade so drauf. Und dann für es los. Eigentlich sollte der Kapitän das Gerüst direkt nach Hawaii bringen. Hat er aber nicht; er fuhr zuerst noch mal kurz nach Holland, um noch eine weitere Ladung aufzunehmen. Jede Menge Sprengstoff, was eigentlich so nicht vorgesehen war. Aber der Kapitän dachte sich wohl, er könne noch ein wenig nebenbei verdienen, wenn er schon so weit durch die Gegend schippert. Die Astronom:innen jedenfalls waren beunruhigt, denn sie wussten nichts davon. Nach der Abfahrt mit dem Gerüst war wochenlang nichts vom Kapitän zu hören; vom Abstecher nach Holland erfuhren sie erst später.

Die zusätzliche Ladung war auch aus einem weiteren Grund ein Problem: Das Schiff musste auf dem Weg nach Hawaii durch den Panamakanal und da gibt es spezielle Sicherheitsvorkehrungen, wenn jemand mit Sprengstoff an Bord durch will. Das hieß: Weitere Verzögerungen. Endlich im Pazifik angekommen verschwand das Schiff wieder von der Bildfläche; höchstwahrscheinlich um den Sprengstoff irgendwo zu verkaufen. Mittlerweile war es so sehr verspätet, dass eine enorm hohe Strafzahlung fällig gewesen wäre. So hoch, dass sie fast die gleiche Summe ausgemacht hat, die der Kapitän für den Transport des Teleskops bekommen hätte. Er hätte also nichts bekommen und das hat ihm nicht gepasst. Also warf er kurz vor Hawaii, noch in internationalen Gewässern den Anker und drohte den Astronom:innen, das ganze Gerüst einfach ins Meer zu werfen, wenn er sein Geld nicht kriegen würde.

Rückseite des JCM-Teleskop (Bild: A. Woodcraft, public domain)

Vermutlich hat er gedacht, in internationalen Gewässern könne ihm nichts passieren. Was aber nicht stimmt, denn gegen Piraterie gibt es auch hier Gesetze. Und als Piraterie wurde dieser Fall dann auch offiziell von der amerikanischen Küstenwache eingestuft. Die dann auch gleich ausfuhr, sich das Boot mitsamt Kapitän schnappte und das Gerüst für das James-Clerk-Maxwell-Teleskop endlich nach Hawaii brachte. Dort nahm es 1987 dann auch den Betrieb auf und hat seitdem jede Menge wunderbare astronomische Forschung geleistet. Unter anderem war es Teil des “Event Horizon Telescope”, als dem Netzwerk aus Radioteleskopen auf der ganzen Welt, das 2019 das erste Bild eines schwarzen Lochs aufgenommen hat.

Es mag ein wenig seltsam erscheinen, dass sich Piraten für Teleskope interessieren. Man kann sie nicht heimlich verkaufen; es gibt nirgendwo einen Markt dafür. Aber wenn man daran denkt, wie viel Geld in den Bau dieser wissenschaftlichen Instrumente gesteckt wird; Instrumente die einzigartig sind, an denen sehr viele Menschen oft Jahrzehnte lang geplant und gebaut haben: Dann ist es nicht ganz so überraschend. Denn wenn man vor die Wahl gestellt wird, so ein ganzes Teleskop noch mal von vorne zu bauen oder ein Lösegeld dafür zu zahlen, damit man es wieder bekommt, dann stehen die Chancen nicht schlecht für die Piraten.

Was auch der Grund war, warum sich die NASA im Jahr 2021 strikt geweigert hatte, öffentlich bekannt zu geben, wann das James-Webb-Weltraumteleskop von den USA per Schiff nach Französisch-Guayana gebracht wird, von wo aus es in den Weltraum geschossen werden sollte. Der Bau des Teleskops hatte knapp 10 Milliarden Doller gekostet und man brauchte “nur” ein Schiff kapern um das Ding in seine Gewalt zu bringen. Würde sich die NASA wirklich weigern, noch ein paar Millionen zu zahlen, für ein Teleskop, das mittlerweile sowieso schon dreimal so teuer war wie ursprünglich geplant? Wissen wir nicht, aber die NASA hat es auch gar nicht darauf ankommen lassen. Und so hat das Teleskop am 25. Dezember 2021 sicher den Weltraum erreicht und muss dort keine Angst mehr vor Weltraum-Piraten haben.

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In dieser Folge der Sternengeschichten wird es um Verbrechen gehen. Um Diebstahl, Erpessung, um Mord und Totschlag. Ok, um Mord und Totschlag nicht, obwohl es das in der Astronomie natürlich auch gegeben hat. Astronomie wird von Menschen betrieben und Menschen verhalten sich menschlich. Und dazu gehört leider auch Gewalt und Kriminalität. Aber wie gesagt: Wir werden uns auf Diebstahl und Erpressung konzentrieren; die Geschichten von Mord und Totschlag erzähle ich vielleicht ein anderes Mal.

Einer der berühmtesten Diebstähle in der Astronomie fand im 19. Jahrhundert statt und zwar an der Allegheny Sternwarte in Pittsburgh. Sie wurde 1859 gegründet, zuerst als private Einrichtung, die aber ein paar Jahre später der Universität von Pennsylvania angeschlossen wurde. Ihr erster Direktor war Samuel Pierpont Langley, der nicht nur das Bolometer erfunden hat, also ein Gerät, das die gesamte elektromagnetische Strahlung messen kann, die von einem Objekt ausgeht – was enorm wichtig für die Helligkeitsmessung von Sternen ist – sondern auch ein Pioneer der Luftfahrt war. Damals war die Sternwarte mit dem Fitz-Clark-Refraktor ausgestattet, ein Teleskop mit einer Linse die einen Durchmesser von 33 Zentimetern hatte. Das klingt nach wenig, ist aber gar nicht so schlecht für ein Linsenteleskop und damals war es das drittgrößte Teleskop der Welt.

Am 8. Juli 1872 ist Langley gerade von einer Konferenz zurück zur Sternwarte gekommen und musste feststellen, dass irgendjemand die Linse des Teleskop geklaut hatte. Ein ziemlich kurioser Diebstahl, denn erstens ist es gar nicht so einfach, so eine Linse unbemerkt aus einem Teleksop raus zu bekommen. Und zweitens: Was fängt man damit an? Es handelt sich ja nur um ein Stück Glas. Zugegeben, ein Stück Glas, das sehr aufwendig herzustellen ist und dessen Herstellung viel Geld kostet. Aber wenn man nicht zufällig eine Sternwarte zuhause hat, kann man damit nicht viel anfangen. Aber dem Dieb ging es nicht um astronomische Beobachtung. Sondern um die Erpressung von Lösegeld. Für die Sternwarte war es natürlich wichtig, ein funktionierendes Teleskop zu haben und der Gedanke, dass man sich die Rückgabe der Linse einiges an Geld kosten lassen würde, war nicht ganz abwegig.

Ab jetzt wird die Geschichte aus historischer Sicht ein wenig unklar und man findet verschiedene Versionen wie es weiter ging. Angeblich soll Langley einen Brief erhalten haben, mit der Botschaft “Triff mich im Wald hinter der Sternwarte, um Mitternacht, oder du siehst die Linse nie wieder”. Anderswo wird einfach nur berichtet, dass Langley auf die eine oder andere Weise heraus fand, wer der Dieb war und sich mit ihm traf. Oder der Dieb auf andere Weise Kontakt aufgenommen hat. Auf jeden Fall kam es zum Treffen zwischen Sternwarte-Direktor und Linsenkidnapper und Langley wurde mit der Lösegeld-Forderung konfrontiert.

Da muss man ne Linse erstmal rauskriegen… (Bild: gemeinfrei)

Nun sind sich alle Quellen wieder einig: Langley hatte keine Lust, für seine Linse zu bezahlen. Denn ansonsten würde das vielleicht nur weitere Linsendiebe motivieren. Was danach passiert ist, ist wieder unklar. Manche sagen, dass Langley den Dieb überreden konnte, die Linse zurück zu geben, mit dem Versprechen, dass er niemanden verraten würde, wer er ist und er somit straffrei bleiben würde. Andere sagen, dass der Dieb selbst die Lösegeldforderung zurück zog, als er merkte, dass Langley nicht zahlen will und aus Angst, er könnte identifiziert werden, wenn die Sache erstmal in den Medien berichtet wird, die Linse zurück gegeben hat. Oder zumindest verraten hat, wo die Linse zu finden ist. Oder nicht einmal das getan hat, sondern einfach verschwunden ist. Auf jeden Fall aber ist die Linse wieder aufgetaucht, im Mülleimer eines Hotels in Pennsylvania. Leider hat der Dieb sie nicht sonderlich pfleglich behandelt; sie war zerkratzt und unbrauchbar. Also wurde sie zu Alvan Clark geschickt, einem der besten Teleskopbauer der damaligen Zeit. Der hat sie wieder restauriert und das so gut, dass sie danach besser war als vorher. Weswegen das Teleskop heute eben nicht nur nach dem ursprünglichen Erbauer – Fitz – sondern auch nach Clark benannt ist und Fitz-Clark-Refraktor heißt.

Das Linsennapping hatte also ein gutes Ende für die Astronomie. Knapp 100 Jahre später wäre ein ähnlicher Fall aber fast schief gegangen. Großbritannien plante, ein neues Radioteleskop zu bauen und auf dem Mauna Kea in Hawaii zu errichten. Das James-Clerk-Maxwell-Teleskop sollte einen Spiegel von 15 Meter Durchmesser haben und das zur damaligen Zeit weltgrößte Teleskop für die Beobachtung im Submillimeter- und Millimeter-Wellenlängenbereich sein. Als Partner kamen noch die Niederlande dazu und 1983 fing man in Großbritannien mit dem Bau an. So ein Teleskop besteht aber nicht nur aus einem Spiegel, es braucht auch ein Gerüst drum herum. In diesem Fall ein ziemlich großes für das jede Menge Stahl benötigt wurde und auch der musste auf die richtige Weise verarbeitet werden, denn so ein Teleskop kann man nicht einfach auf irgendwelchen x-beliebigen Stahlträgern aufhängen. Als das ganze komplizierte Gerüst für das Teleskop endlich fertig gebaut war, wollte man die Teile von Großbritannien nach Hawaii bringen. Mit dem Schiff, denn für ein Flugzeug wäre das zu viel gewesen. Aber das Schiff, das eigentlich dafür vorgesehen war, hatte eine Panne und man musste auf die Schnelle ein neues Schiff engagieren. Das war viel kleiner, fast zu klein – aber das Gerüst passte gerade so drauf. Und dann für es los. Eigentlich sollte der Kapitän das Gerüst direkt nach Hawaii bringen. Hat er aber nicht; er fuhr zuerst noch mal kurz nach Holland, um noch eine weitere Ladung aufzunehmen. Jede Menge Sprengstoff, was eigentlich so nicht vorgesehen war. Aber der Kapitän dachte sich wohl, er könne noch ein wenig nebenbei verdienen, wenn er schon so weit durch die Gegend schippert. Die Astronom:innen jedenfalls waren beunruhigt, denn sie wussten nichts davon. Nach der Abfahrt mit dem Gerüst war wochenlang nichts vom Kapitän zu hören; vom Abstecher nach Holland erfuhren sie erst später.

Die zusätzliche Ladung war auch aus einem weiteren Grund ein Problem: Das Schiff musste auf dem Weg nach Hawaii durch den Panamakanal und da gibt es spezielle Sicherheitsvorkehrungen, wenn jemand mit Sprengstoff an Bord durch will. Das hieß: Weitere Verzögerungen. Endlich im Pazifik angekommen verschwand das Schiff wieder von der Bildfläche; höchstwahrscheinlich um den Sprengstoff irgendwo zu verkaufen. Mittlerweile war es so sehr verspätet, dass eine enorm hohe Strafzahlung fällig gewesen wäre. So hoch, dass sie fast die gleiche Summe ausgemacht hat, die der Kapitän für den Transport des Teleskops bekommen hätte. Er hätte also nichts bekommen und das hat ihm nicht gepasst. Also warf er kurz vor Hawaii, noch in internationalen Gewässern den Anker und drohte den Astronom:innen, das ganze Gerüst einfach ins Meer zu werfen, wenn er sein Geld nicht kriegen würde.

Rückseite des JCM-Teleskop (Bild: A. Woodcraft, public domain)

Vermutlich hat er gedacht, in internationalen Gewässern könne ihm nichts passieren. Was aber nicht stimmt, denn gegen Piraterie gibt es auch hier Gesetze. Und als Piraterie wurde dieser Fall dann auch offiziell von der amerikanischen Küstenwache eingestuft. Die dann auch gleich ausfuhr, sich das Boot mitsamt Kapitän schnappte und das Gerüst für das James-Clerk-Maxwell-Teleskop endlich nach Hawaii brachte. Dort nahm es 1987 dann auch den Betrieb auf und hat seitdem jede Menge wunderbare astronomische Forschung geleistet. Unter anderem war es Teil des “Event Horizon Telescope”, als dem Netzwerk aus Radioteleskopen auf der ganzen Welt, das 2019 das erste Bild eines schwarzen Lochs aufgenommen hat.

Es mag ein wenig seltsam erscheinen, dass sich Piraten für Teleskope interessieren. Man kann sie nicht heimlich verkaufen; es gibt nirgendwo einen Markt dafür. Aber wenn man daran denkt, wie viel Geld in den Bau dieser wissenschaftlichen Instrumente gesteckt wird; Instrumente die einzigartig sind, an denen sehr viele Menschen oft Jahrzehnte lang geplant und gebaut haben: Dann ist es nicht ganz so überraschend. Denn wenn man vor die Wahl gestellt wird, so ein ganzes Teleskop noch mal von vorne zu bauen oder ein Lösegeld dafür zu zahlen, damit man es wieder bekommt, dann stehen die Chancen nicht schlecht für die Piraten.

Was auch der Grund war, warum sich die NASA im Jahr 2021 strikt geweigert hatte, öffentlich bekannt zu geben, wann das James-Webb-Weltraumteleskop von den USA per Schiff nach Französisch-Guayana gebracht wird, von wo aus es in den Weltraum geschossen werden sollte. Der Bau des Teleskops hatte knapp 10 Milliarden Doller gekostet und man brauchte “nur” ein Schiff kapern um das Ding in seine Gewalt zu bringen. Würde sich die NASA wirklich weigern, noch ein paar Millionen zu zahlen, für ein Teleskop, das mittlerweile sowieso schon dreimal so teuer war wie ursprünglich geplant? Wissen wir nicht, aber die NASA hat es auch gar nicht darauf ankommen lassen. Und so hat das Teleskop am 25. Dezember 2021 sicher den Weltraum erreicht und muss dort keine Angst mehr vor Weltraum-Piraten haben.

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